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Fragen zum Programm Neulandgewinner

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Interview mit Sylvia Hirsch und Thomas Leppert

Drei Fragen zum Programm Neulandgewinner

Eine Gruppe Pappfiguren mit dem Logo "Neulandgewinner" im Vordergrund

© Bild: Robert Bosch Stiftung/ Fotograf Jörg Gläscher

 

Unter der Vielzahl von Förderprogrammen im Bereich „Gesellschaft“ der Robert Bosch Stiftung gibt es auch das Programm „Neulandgewinner. Zukunft gewinnen vor Ort“, welches engagierte Menschen unterstützt, die durch ihr Denken und Tun den gesellschaftlichen Zusammenhalt in ländlichen Räumen Ostdeutschlands stärken. (Lest auch unsere Reportage über den Neulandgewinner Tobias Burdukat und das "Dorf der Jugend")

Wir haben mit Dr. Thomas Leppert (stellvertretender Leiter des Bereichs „Gesellschaft“ der Robert Bosch Stiftung) und Sylvia Hirsch (Senior Projektmanagerin und verantwortlich für das Programm „Neulandgewinner“) gesprochen.

 

Was unterscheidet dieses Programm inhaltlich, vor allem aber auch in der Art der Förderung von den weiteren Förderprogrammen im Themenfeld?

Sylvia Hirsch: Als Robert Bosch Stiftung wollen wir die Akteure der Zivilgesellschaft in ihren Kompetenzen stärken und zivilgesellschaftliches Engagement dort unterstützen, wo es sozialen und gesellschaftlichen Herausforderungen begegnet. Dabei ist es uns besonders wichtig auch kleine Initiativen oder Vereine zu unterstützen, sie in ihrer Arbeit zu professionalisieren und ihnen verschiedene Möglichkeiten der Vernetzung anzubieten. Das Besondere der Neulandgewinnerförderung ist, dass wir sehr viel Zeit in die Auswahl unserer Neulandgewinner*innen investieren. Neben der üblichen Antragsstellung besuchen wir ca. 45 Menschen vor Ort, um sie und ihre Teams persönlich kennenzulernen. Letztlich entscheiden wir uns für einen Menschen und weniger für ein Projekt. Wir glauben fest daran, dass konkrete gesellschaftliche Veränderungen vor Ort mit den Ideen und Visionen Einzelner beginnen. Menschen, die wissen, dass wir heute neue Wege gehen müssen, um morgen gut miteinander leben zu können. Diesen Weg gehen wir zwei Jahre mit ihnen – und das sehr intensiv. Neben der Projektförderung bekommen alle Neulandgewinner*innen je eine*n Mentor*in zur Seite gestellt, der bzw. die sie fachlich berät, aber auch durch manche schwierige Phase im Projekt persönlich begleitet. Außerdem gibt es verschieden Vernetzungsformate und Qualifizierungs- bzw. Reflexionsangebote. Parallel dazu versuchen wir als Programmteam der Stiftung und des Thünen-Instituts für Regionalentwicklung auf Landes- und Bundesebene für unseren personenzentrierten Förderansatz zu werben und die Rolle von Zivilgesellschaft bei der Gestaltung ländlicher Räume in Deutschland zu stärken. Denn gesellschaftlicher Zusammenhalt kann nicht verordnet werden, er muss von den Menschen selbst gestaltet und gelebt werden. Diese Menschen ausfindig zu machen und in Ihrem Tun zu stärken, ist Ziel des Programms „Neulandgewinner. Zukunft erfinden vor Ort“.

 

Macht eine Abhängigkeit von Fördermitteln für jedes Projekt Sinn?

Thomas Leppert: Gesellschaftliche Innovationen brauchen die Unterstützung von Förderer*innen, die auch ohne finanzielle Rendite zur Risikoübernahme bereit sind. Was zählt ist zunächst die soziale Rendite. Fördermittelgeber*innen wie zum Beispiel Stiftungen sind solche Investor*innen. Mit ihnen gemeinsam kann man auch gut an der Entwicklung und Umsetzung von Ideen in der Startphase arbeiten. Aber: Deren Mittel und Risikobereitschaft werden auch immer wieder für neue Projekte benötigt. Daher ist eine allzu langfristige Bindung an Fördermittel – es sei denn, es handelt sich um staatliche Regelförderung – eher schwierig. Wo möglich sollte immer ein Finanzierungsmix angestrebt werden, der auch andere Einnahmequellen wie zum Beispiel Crowdfunding, Spenden, eigenerwirtschaftete Mittel etc. beinhaltet.

Sylvia Hirsch: Der von „Neulandgewinnern“ gegründete Verein Neuland gewinnen e.V. bündelt hierzu vielfältige Erfahrungen und Kompetenzen. Nicht alle, die gute Projekte machen, verfügen über die notwendigen Kenntnisse und Ressourcen zum Thema Mittelbeschaffung. Deshalb ist es wichtig, sich zu vernetzen, um sich mit Gleichgesinnten über Vor- und Nachteile einzelner Finanzierungsinstrumente austauschen zu können.

 

In einem „Ideenlabor“ der Neulandgewinner ging es um alternative Finanzierungsmodelle für die derzeit geförderten Projekte. Mikrowährungen, revolvierende Fonds und andere Ideen standen im Raum. Was sind aus Ihrer Sicht vielversprechende Ansätze?

Thomas Leppert: Den einen vielversprechenden Ansatz gibt es nicht, dafür sind die Projekte und ihre Charakteristika zu unterschiedlich. Wo in einem Fall ein Modell über selbst erwirtschaftete Mittel sinnvoll erscheint, ist in einem anderen Fall vielleicht eher die regelmäßige Spendenkampagne Mittel der Wahl. Ein häufig unterschätztes Potential ist der Einbezug von Pro bono-Leistungen von Partner*innen und Ehrenamtlichen – nicht für alles muss immer gleich Geld ausgegeben werden. Das gilt natürlich auch für Tauschmodelle aller Art.

Sylvia Hirsch: Der Neulandgewinnen e.V. hat beispielsweise eine eigene Plattform (www.neulandgewinnen.de) eingerichtet, in der über einen Marktplatz verschiedenste Angebote von Vorträgen, Räumen über Kunst oder Mitmachmöglichkeiten gehandelt werden. Bezahlt wird mit dem Netzwerkgeld WIR.

Thomas Leppert: Ebenfalls häufig zu wenig ausgereizt ist die Möglichkeit, durch den Verkauf von Waren und Dienstleistungen zusätzliche Einnahmenquellen zu erschließen. Dieses auch Social Business genannte Modell kann eine gute Basis oder Ergänzung eines sozialen Projektes sein, passt aber nicht immer zum Zweck der Organisation. Crowdfunding ist ein häufig genanntes Mittel in letzter Zeit. Hier muss man aber auch sehen, dass Aufwand und Nutzen in einem angemessenen Verhältnis stehen und man über die notwendigen Netzwerke zur Verbreitung der Kampagne verfügt.

 
Portraits von Sylvia Hirsch und Dr. Thomas Leppert
 

Dr. Thomas Leppert iststellvertretender Leiter des Bereichs „Gesellschaft“ der Robert Bosch Stiftung.  Sylvia Hirsch ist Senior Projektmanagerin und verantwortlich für das Programm „Neulandgewinner“.

Neulandgewinner*innen, das sind Menschen, die selbst anpacken, um ihre Heimat zu einem Ort zu machen, an dem sie gerne leben. Menschen, die sich entschieden haben von Zuschauer*innen zu Macher*innen zu werden. Menschen, die gesellschaftliche Veränderungen als Chance sehen, und nicht als Gefahr. Ihre Ideen und Wege sind oftmals unkonventionell, stellen aber immer gemeinsames Tun und das solidarische Miteinander in den Mittelpunkt. Sie wirken in die Gesellschaft hinein und verstehen sich als Bewegung von Aktiven, die wissen, das gutes Leben nicht einfach so vom Himmel fällt, oder von der Politik verordnet wird.

Die Robert Bosch Stiftung führt ihr Programm gemeinsam mit dem Thünen-Institut für Regionalentwicklung eG, Berlin durch.

 
Steckbrief Neulandgewinner
Schriftzug Neulandgewinner in grün auf weiss
 

Mit dem Programm „Neulandgewinner. Zukunft erfinden vor Ort“ fördert die Robert Bosch Stiftung engagierte Menschen, die durch ihr Denken und ihr Tun den gesellschaftlichen Zusammenhalt in ländlichen Räumen Ostdeutschlands stärken. Das Programm wird alle zwei Jahre ausgeschrieben für die Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die Ausschreibung der fünften Förderrunde startet im Dezember 2019.

 
Förderbroschüre

Gutes Gedeihen lassen. Mit Fördermitteln demokratische Kultur und Engagement in ländlichen Räumen stärken

Das Cover der Broschüre "Gutes Gedeihen lassen" vom BBE zeigt die Crew der Traumschüff geG bei ihrem Tourauftakt vor ihrem Theaterschiff
 

Dieser Beitrag erschien in der BBE-Publikation "Gutes Gedeihen lassen. Mit Fördermitteln demokratische Kultur und Engagement in ländlichen Räumen stärken". Sie stellt anhand anschaulicher Praxisbeispiele verschiedene Fördermöglichkeiten im Themendreieck »Demokratiestärkung«, »Engagement« und »Ländliche Entwicklung« vor.

Gedruckte Exemplare senden wir gern zu, solange der Vorrat reicht: susanne.hartl@b-b-e.de

 

 

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